Erste Hilfe – das kennt jeder. Und jeder Mensch der einen Führerschein hat, hat zumindest im Zuge dessen einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert. Aber im Rahmen meiner Arbeit bin ich über einen Letzte Hilfe Kurs gestoßen. Die Informationen, die ich auf der Seite LetzteHilfe.info gefunden habe, fand ich so interessant, dass ich mich direkt für einen Kurs angemeldet habe.
Letzte Hilfe: Maßnahmen zur Hilfe bei lebensbedrohlichen Erkrankungen mit dem primären Ziel, der Linderung von Leiden und Erhaltung von Lebensqualität.
Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben. Er war sehr lange krank. Als er im Sterben lag, hatten wir viel Unterstützung von einer Freundin der Familie, seinem Hausarzt und dem Pflegeteam, das ihn in den letzten Jahren betreut hat. Wir selbst hatten keine Ahnung, wie man mit einem Sterbenden umgeht, außer natürlich den Dingen, die man intuitiv weiß, aber es gibt so viel mehr zu wissen, wie man einem Sterbenden beistehen kann. Und meiner Meinung nach, sollte jeder Mensch sich in diesem Gebiet auskennen, denn Achtung jetzt kommt eine Binsenweisheit: Wir werden alle sterben und jeder von uns wird im Laufe seines Lebens Menschen verlieren.
Und so, wie man nie weiß, wann man mal Erste Hilfe leisten muss, so weiß man auch nie, wann man einmal Letzte Hilfe leisten muss. Und klar, eure Eltern sind vielleicht noch jung und das Thema Sterben ist noch weit weg. Aber wir alle kennen Fälle in denen – auch junge – Menschen lebensbedrohlich erkranken und sterben müssen.
Wenn der Fall erst einmal eingetreten ist und man sich um die häusliche Pflege oder die Unterbringung in einem Hospiz kümmern muss, bleibt keine Zeit mehr für einen solchen Kurs, deshalb kann ich nur jedem raten: Besucht einen Kurs für Letzte Hilfe, damit ihr nicht eines Tages unvorbereitet in eine Situation kommt, die euch physisch und psychisch alles abverlangt.
Ich hatte das Glück ganz in der Nähe und sehr zeitnah einen Kurs zu finden. Im Caritaszentrum in St. Ingbert haben uns Gabriele John-Neumann und Stephanie Rung vom AHPB (ökumenischer ambulanter Hospiz- und Beratungsdienst) an einem Samstagvormittag sehr viel Wissenswertes über das Thema Tod und Sterben näher gebracht.
Der Kurs war in 4 Teile gegliedert:
- Sterben als Teil des Lebens
- Vorsorgen und entscheiden
- Leiden lindern
- Abschied nehmen
In den 4 Stunden wurde uns sehr viel Wissen vermittelt, auch Wissen, das man unmittelbar anwenden kann, z.B. über die Wichtigkeit einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung.
Auch hier gilt: Nicht erst handeln wenn der Fall eingetreten ist, oft ist es dann zu spät. Legt heute schon fest, wer im Falle einer Bewusstlosigkeit für euch entscheiden soll und stellt euch im Vorfeld diese Fragen:
- Was ist mir wichtig am Lebensende?
- Wer soll für mich entscheiden?
- Wo und wie würde ich gerne sterben?
Hört sich verrückt an, wenn man mitten im Leben steht, aber ein Unfall auf der Autobahn und man kann sofort in eine lebensbedrohliche Situation geraten.
Auf der Seite des Bundesministeriums der Justiz findet ihr alles was ihr zu den Themen Vorsorge und Betreuungsrecht wissen müsst.
Das Thema Leiden lindern fand ich sehr interessant. Es wurden sehr viele Aspekte beleuchtet wie Schmerzen, Atemnot, Angst, Übelkeit uvm. Wir durften an Tinkturen schnuppern und haben viel über nicht-medikamentöse Maßnahmen erfahren.
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Es wurde immer wieder ermutigt, mit dem Sterbenden über seine Situation und seine Wünsche zu sprechen, natürlich nur, wenn er oder sie dazu auch bereit und in der Lage ist. Denn:
Wer sich ausdrücken kann, hat weniger Druck.
Mir hat das Bild gut gefallen, das uns mitgegeben wurde:
Man sollte dem Menschen die Wahrheit hinhalten wie einen Mantel, in den er hineinschlüpfen kann und nicht wie mit einem Lappen überziehen.
Einfach Da-sein kann schon so viel helfen. Dabei hat uns Gabriele John-Neumann das Wort so aufgedröselt:
- D = Demut
- A = Aushalten (und anerkennen was ist)
- S = Stärken (Wir müssen unsere Kraftquellen kennen und die der Person, die man betreut)
- E = Empathie (es hilft die Gefühle zu spiegeln)
- I = Innehalten (die Hektik des Alltags außen vorhalten, mit Atemtechniken und Meditation arbeiten)
- N = nicht die Hoffnung verlieren
Uns wurde auch die Angst genommen, dass wir einen Menschen verdursten oder verhungern lassen, wenn wir seinem Wunsch nackommen, nichts mehr zu essen und zu trinken.
Essen und Trinken ist für einen sterbenden Körper eine Belastung.
Unsere Kursleiterinnen gaben uns als Merksatz mit:
Man stirbt nicht, weil man aufhört zu essen und zu trinken, sondern man hört auf zu essen und zu trinken, weil man stirbt.
Auch für sich selbst sollte man sich die Fragen stellen und möglichst auch die Antwort hinterlegen. Soll mein Sterben durch künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr verlängert werden, wenn ich mich im unumkehrbaren Sterbeprozess befinde?
Das Thema Trauer und Trauerbewältigung wurde angesprochen und uns wurden wertvolle Tipps gegeben, wie man mit Trauernden umgeht und wie nicht.
Alles in allem mit Wissen vollgepackte 4 Stunden, die sehr informativ waren.
Ich kann jedem nur ans Herz legen einen solchen Kurs zu besuchen. Auf der Seite LetzteHilfe.info findet ihr Kurse deutschlandweit.
An dieser Stelle möchte ich mich nochmals ganz herzlich bei den beiden Kursleiterinnen Gabriele John-Neumann und Stephanie Rung bedanken. Sie haben sehr sachkundig durch den Tag geführt und man hat ihnen angemerkt wir sehr sie für diese Thema leben und man kann nur jedem Menschen wünschen, in seinen letzten Tagen so empathische Menschen in seinem Umfeld zu haben.
Wie sieht es bei euch aus? Habt ihr euch mit dem Thema letzte Hilfe schon mal beschäftigt? Habt ihr einen Sterbenden begleitet und wie waren eure Erfahrungen dabei?
Hinterlasst mir doch gerne einen Kommentar.
Herzliche Grüße
Andrea
Halllo liebe Andrea,das alles hört sich sehr interessant an!
Das mit dem trinken zum Beispiel kann ich nur bestätigen,als meine Mama im sterben lag hatten
meine Schwestern und ich solche Angst dass sie verdurstet,aber die netten Damen vom Pflegedienst haben uns immer wieder gesagt wir bräuchten uns keine Gedanken zu machen das würde nicht passieren,immer wieder mal die Lippen etwas anfeuchten wäre vollkommen OK! Auch die Erklärung für das Wort DASEIN ,einfach toll !
Danke dir liebe Andrea für diesen tollen Beitrag und Tip!
Liebe Grüße Susi
Liebe Susi,
danke, dass Du Deine Erfahrung hier mit uns teilst. Es ist so wichtig, dass viele Menschen erfahren wie man seine Liebsten am Besten begleitet und dass man ihnen keinen Gefallen tut, indem man Essen und Trinken aufdrängt.
Danke auch für deine nette Worte zu meinem Blogpost.
Liebe Grüße
Andrea
Liebe Andrea, ich kann alles, was du geschrieben hast, zu 100% unterschreiben! Auch ich hätte mir gewünscht, von einem solchen Kurs zu wissen, als ich meinen Vater in seinem langen Sterbeprozess begleitet habe. Diese Letzte Hilfe Kurse sind so, so wertvoll und müssten meiner Ansicht nach viel mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken. Toll, dass du mit deinem Blogartikel ein bisschen mit dafür sorgst! Ich werde das Thema in meinem eigenen Blog auch noch einmal aufnehmen – je mehr davon berichtet wird, desto mehr Leute wissen davon.
Liebe Antje,
es freut mich, dass wir da auf einer Linie liegen. Und schade, dass wir es nicht früher wussten. Darum ist es gut, wenn wir beide nun dieses Wissen teilen. Bin gespannt auf deinen Blogpost.
Liebe Grüße
Andrea